„Most people use music as a couch; they want to be pillowed on it, relaxed and consoled for the stress of daily living.
But serious music was never meant to be soporific.“
Aaron Copland (1900-1990)
Experimentelle, unkonventionelle Neue Musik fasziniert mich seit ich denken kann. Musik ist für mich eine Sprache, ein Kommunikationsmittel, das Gefühle, Zustände, Einstellungen und innere Werte genauso wie klare Sachaussagen gleichzeitig transportiert, dabei aber unter Umständen nicht ein einziges Wort benötigt. Klarer sogar als ein Wort oder Satz ist sie imstande, ihre Botschaft direkt in das zweite Gehirn des Menschen, das intuitive Herz zu schicken. Und, wie es Copland so treffend formuliert: Ja, Musik kann eine Art weiches, besänftigendes Bett sein, das den Menschen nach getaner Arbeit zur Ruhe kommen lässt. Aber sie kann noch viel mehr, Musik -seit jeher!- kann auch anders. Will provozieren, Aufmerksamkeit wecken, Altes mit Neuem verbinden. Eine immerwährende Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten.
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Neu – was ist eigentlich neu?
Wenn also alt „alt“ ist im Sinne von „vorbei“, in der Vergangenheit liegend aber dennoch zeitlos gültig (vgl. Alte Musik), was braucht dann Neues, um es mit einem ähnlichen Potential wie Altes genauso weit zu bringen und die Zeit zu überdauern? Reicht Innovation alleine aus, die Welt letztlich tatsächlich „weiter“ zu bringen? Welche Art von musikalischer Innovation ist es, z.B. eine neuartige Kompositionstechnik, die es erst schafft, den Menschen auf eine andere, nie dagewesene Art zu berühren? Oder sogar noch mehr, in ihm den Anstoß für eine wiederum neue Denk- und Fühlweise zu erwecken? Oder ist es „nur“ eine veränderte Sicht auf die in der Musik angesprochene Thematik, die nötig ist/wird? Und: wann ist neu qualitativ hochwertig und überhaupt auf einer Bonitätsskala messbar? Viele Fragen, vor der mit Sicherheit auch Generationen nach uns immer wieder stehen werden, wobei sie dennoch rückblickend in der Lage sein werden (müssen!), sie im Nachhinein für uns zu beantworten, indem sie unserer Epoche einen (hoffentlich angemessenen!) Namen geben. Letztlich steht wie bei jeder Erfindung im Grunde wieder die freiwillige Rezeption des Menschen, seine Zugänglichkeit, das Bewusstsein, Ausprobierend-Neuem gegenüberzustehen und es erst nach angemessener mentaler „Einwirkzeit“ tatsächlich so objektiv wie möglich zu bewerten, im Raum. Fortschritt in der Technik bedeutet, über gegenwärtig allgemein gültige Grenzen hinaus zu denken, um Neues zu schaffen. Was heißt das für Kultur, Kunst und Musik? Absolut dasselbe. Wo wäre denn die Menschheit ohne die Erfindung des Mobiltelefons, des Autos, der Entdeckung von Radio- oder Funkübertragung oder der Definition von regulierter Zeit in Form von Stunden, Tagen, Monaten, Jahren, Epochen...? Genau da, wo die Filmmusik heute beispielsweise wäre ohne Mozart, Strawinsky, Mahler, Copeland (siehe Zitat) und noch viele mehr. Aber, wie bereits gesagt: Gut, dass wir immer erst im Nachhinein wissen, was Vordenker und „Vorkomponisten“ ihrer Zeit eigentlich geleistet und dieser ihrer Gegenwart an tatsächlich qualitativ Hochwertigem geschenkt haben.
Summa summarum: Die Suche nach Neuem ist eine intrinsische Motivation des Menschen. Quasi angeboren. Bei jedem Menschen mehr oder weniger ausgeprägt, aber dennoch da, vermischt mit einer ebenfalls persönlich geprägten Neigung zum Konservativen. Mal ehrlich, welcher noch so coole neue 3er BMW kann schon mit einem alten Saab 900 mithalten? Eben, natürlich eine rhetorische Frage. Entsprechend alles ein „kann“, niemals ein „muss“. Und genau das macht das Leben interessant. Genauso, wie die Musik.